Projekt

Vom Vortrag zur Interpretation Ignaz Moscheles’ Beethoven-Editionen sowie Welte-Aufzeichnungen als Quellen pianistischer Aufführungspraxis und Interpretationsästhetik zwischen 1830 und 1914

Am Beispiel der Solo-Klavierwerke Beethovens werden repräsentative Traditionslinien und aussagekräftige Wandlungen in der Interpretationspraxis des 19. Jahrhunderts aufgezeigt: Untersucht wird, wie sich nach Beethovens Tod interpretatorische Praktiken verändert und weiterentwickelt haben und damit zu einem massgeblichen Teil noch heute unser Beethoven-Bild prägen.
Zwei eng miteinander verzahnte komplementäre Dissertationsprojekte erkunden, wie sich eine handwerklich verstandene «Ausführung» bzw. «Exécution» in dieser Zeit zu einem kreativen und subjektiven Akt eigenen Rechts, zur «Interpretation» von Musik wandelte. Während das eine Teilprojekt mit klassischen historischen Methoden insbesondere anhand der Beethoven-Editionen von Ignaz Moscheles interpretatorische Traditionen der ersten fünfzig Jahre nach Beethovens Tod rekonstruiert, schliesst das zweite Teilprojekt an frühere Forschungsprojekte der HKB zum Welte-Mignon-System an. Dieses raffinierte Aufzeichnungsverfahren für musikalische Interpretationen des frühen 20. Jahrhunderts wurde durch einen eigens entwickelten digitalen Rollenscanner analytisch neu verfügbar gemacht; die Aufnahmen sollen nun historisch und ästhetisch kontextualisiert werden, gewissermassen einen Blick zurück bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts ermöglichen und unterschiedliche interpretatorische Schulen vergegenwärtigen.
In der Zusammenarbeit zwischen den beiden Teilprojekten können Interpretationsangaben in den Editionen des 19. Jahrhunderts am klingenden Tondokument gemessen und umgekehrt Klangaufzeichnungen durch textkritisches Quellenstudium kontextualisiert werden. Abgerundet wird das Projekt mit Studien zu Moscheles und Beethoven, insbesondere auch zur Wechselbeziehung von Instrument und Komposition.

Forschungsplakat

Bild: Rollen für Welte-Mignon-Klaviere

Pollini

Francesco Pollini (Ljubljana, 26. März 1762 – Mailand, 17. September 1846) war einer der prägensten italienischen Pianisten des frühen 19. Jahrhunderts. Als ehemaliger Student Mozarts stand er als Pianist und Komponist, aber auch als Pädagoge in hohem Ansehen. 1811 wurde er vom Mailänder Konservatorium mit einer Klavierschule beauftragt, der allerersten in Italien entstandenen. Von Ricordi 1812 gedruckt und 1834 wieder aufgelegt, widmet sich das Lehrwerk vielfältigen Aspekten der pianistischen Technik und Aufführungspraxis.

Eine zweisprachige kritische Edition (italienisch/englisch) wurde nun von Leonardo Miucci herausgegeben, erschienen ist der Band bei SEDM. Zur Publikationsseite

In der Radio Televisione Svizzera Italiana wurde zu dieser Publikation am 9.6.2016 ein Interview mit Leonardo Miucci ausgestrahlt.