Das Ende des Vereins

Mit der zunehmenden Öffnung nach allen Seiten verlor der STV den Kern des früheren Profils und vergraulte ältere Mitglieder, deren Interesse am Vereinsgeschehen abflaute. Lange beharrte man auf der kulturellen Mission und vernachlässigte das vom Bund bei den Verbänden immer stärker eingeforderte Dienstleistungsverständnis. Dieser strategische Wechsel des Bundesamts für Kultur (BAK) weg von einer indirekten Förderung des Kunstschaffens liess den Verein finanziell langsam ausbluten. Da der STV die neuen Anforderungen des BAK mehr oder weniger ignorierte, wurde am 31. Januar 2017 das letzte Unterstützungsgesuch des STV für das laufende und die folgenden Jahre aus formalen Gründen abgelehnt und das Ende der Subventionen angekündigt. Immerhin wurden noch ein Überbrückungskredit gewährt und eine weitere Finanzhilfe zugunsten einer Fusion mit anderen Musiker:innenverbänden gesprochen.

Am 29.3.2017 intervenierte Heinz Holliger in einem sehr persönlichen Brief beim für die Kultur zuständigen Bundesrat Alain Berset zugunsten des STV. Darin versuchte er ihn nochmals von der Bedeutung des STV und dessen Zeitschrift Dissonanz und vom Unsinn des Paradigmenwechsels in der kulturellen Förderung zu überzeugen. Dabei knüpfte er geschickt an eine kürzliche Begegnung an: 2015 hatte ihm der Bundesrat den ersten Schweizer Musikpreis übergeben, quasi die Nachfolge des früheren STV-Komponistenpreises. 

Gerade zwei Tage nach Holligers Brief erhielt der STV am 31.3.2017 gegen Gebühr eine Verfügung mit der ausführlicheren Begründung der Ablehnung: Eine einfache Berechnung hätte ergeben, dass der STV zu viel Geld in kulturelle Leistungen und zu wenig in Dienstleistungen stecke. 

Und Alain Berset? Der liess seine Amtschefin am 27.4. Holliger antworten – zwar freundlich, aber mit nochmaligem Insistieren auf die Formalia.

Bedeutete dieses Verschwinden nach 117 Jahren nun eine fahrlässige oder gar mutwillige Zerstörung von Musikstruktur? 
Nun: Man hatte sich selbst ausgegrenzt, war auch ein bisschen arrogant geworden dabei, man hatte sich zu lange mit sich selbst beschäftigt und das politische Wetterleuchten zwar wahrgenommen, aber zu wenig darauf reagiert. Oder positiver formuliert: Der STV hatte seine Mission erfolgreich erfüllt. Er hatte sich überflüssig gemacht, weil sich die Situation geändert hatte. Und er überlebt sich selbst: in neuen Dienstleistungen, angeboten von der Nachfolgeorganisation SONART, in kulturellen Aktivitäten, die anderswo aufgenommen worden sind, und im kollektiven Gedächtnis, zahlreichen Dokumenten und der Reflexion darüber.