Projektübersicht

Die Rolle der Mikrointervalle im Werk von Jean-Claude Risset

Obwohl Mikrointervalle für die digitale Klangsynthese konstitutiv sind, weil sie als Bestandteil der Teiltonreihe zur Bildung von Klangfarben zwingend gebraucht werden, hat man Risset bislang nie als Mikrointervall-Komponisten wahrgenommen. Die Forschungsarbeit von Nemanja Radivojević möchte hier neue Akzente setzen und eine Neubewertung von Rissets Schaffen aus der Perspektive der Mikrointervallik versuchen.
Mikrointervalle kommen bei Risset in allen Klangsynthese-Verfahren vor, aber sie lösen sich meist, für das Gehör nicht distinkt wahrnehmbar, im Gesamtklang auf. Davon zu unterschieden ist Rissets Arbeit mit unharmonischen oder künstlichen Spektren, z. B. glockenähnlichen, bei denen die Mikrointervalle als Verfremdung der Teiltonreihe hörbar werden. Der im Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt zentrale und bisher von der Forschung nicht bearbeitete Punkt ist aber, dass sich Risset über die Klangsynthese hinaus mit Mikrointervallen beschäftigte: Einerseits versuchte er sich vom äquidistanten Halbtonsystem zu befreien und beschäftigte sich mit historischen Stimmungen (Pythagoras, Zarlino, Fokker, Bohlen-Pierce) und mit der Klangtheorie von Hermann von Helmholtz, andererseits verwendete er in seinen Kompositionen in melodischen und harmonischen Strukturen klar wahrnehmbare Mikrointervalle. Sie können eine ornamentale Funktion übernehmen, sind aber oft von bestimmten Stimmsystemen oder harmonischen wie unharmonischen Spektren abgeleitet. Insgesamt wird Rissets unterschiedliche Verwendung der Mikrointervalle identifiziert, analysiert und formal beschrieben.

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