Transkriptionen
O-Ton Thomas Beck 1
«Es war ehrlich gesagt eher eine relativ hohe Distanz zur zeitgenössischen Schweizer Musikszene da. Die hatte übrigens auch schon Armin Brunner, und die hatte auch Adi Marthaler, der eher Vorbehalte hatte: ja, der Tonkünstlerverein, die sind abgehoben, haben mit unserem Medium nichts zu schaffen, sind verkopft […], also ne ganze Menge Klischees […]. Irgendwann stand mal dann Roman Brodbeck als Präsident des Schweizer Tonkünstlervereins vor der Tür bzw. hat sich einen Termin geben lassen und das Gespräch ist mir in sehr guter Erinnerung geblieben, weil ich gemerkt hab, was für ein offener Geist und was für eine spannende Person das eigentlich ist […], wobei man natürlich gleichzeitig auch gemerkt hat, dass er sehr stark ne Interessensvertretung hatte und ihm das ein Anliegen war, dass mehr moderne Musik im Medium Fernsehen stattfindet und wir belagert wurden mit Vorschlägen, welche Kompositionen von irgendwelchen Schweizer Komponistinnen und Komponisten vor allem – damals waren es vor allen Dingen noch Männer – unbedingt bebildern, dokumentieren und ins Fernsehen stellen müssten. Also dort gab es eine grosse Schlange und grosse Erwartungen […], und unser Reflex war immer sofort zu sagen: Nein. […] Das ist die Auslegeordnung. Es war ein Sendeplatz, einmal in der Woche und nicht so viele Mittel für Eigenproduktionen, sondern primär, um Sendungen einzukaufen […], also dort gab es eine sehr grosse Diskrepanz von dem Wunsch, im Fernsehen aufzutreten, der auch wiederum relativ unreflektiert war in 99,9 % aller Fälle, und den realen Bedingungen das möglich zu machen. Da ging’s ziemlich auseinander.» (Thomas Beck, Redaktionsleiter SF DRS 2000–2009, im Gespräch mit Gabrielle Weber, Bern, 2.12.2022)
O-Ton Bettina Skrzypczak
«Das war so etwas wie direkt ansprechen in einer bestimmten Sendezeit. Man konnte sich vorbereiten, wer interessiert war – und das war, soweit ich mich erinnere, wiederholt auch, das Programm. Das heisst, es war nicht nur einmal eingesetzt, sondern man konnte das weitererzählen […] und empfehlen und so, und natürlich für Künstler, Künstlerinnen ist das auch ein […] Zeichen auch der Anerkennung gewesen, für uns, und eine gewisse Auszeichnung, Zeichen der Anerkennung, und die Möglichkeit, […] ein breiteres Publikum anzusprechen. […] Also, ich kann das vielleicht sagen, nicht nur aus meiner Sicht, sondern eher von der Sicht, zum Beispiel von dem Kreis von Bekannten, von Kollegen und Kolleginnen, die zum Beispiel diese Sendung dann gesehen haben, über uns, über andere Künstler. Also sie haben sich gefreut und sie haben das gesehen, sehr aufmerksam, und sie wussten das viel früher, nicht von uns selbst, sondern haben das gefunden, die Informationen auch. Und das Gleiche betrifft jetzt auch, sagen wir, meine Wahrnehmung, dann schon nach der Sendung, indem dass ich ein Echo bekommen hatte, von verschiedenen Seiten, also nicht nur von Bekannten, sondern auch von mir unbekannten Menschen, die geschrieben haben, oder Kommentare dazu gegeben hatten und ihre verschiedenen Gedanken über neue Musik... […] also ich war sehr angenehm überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass sich Leute melden, die mich nicht kennen […] und Briefe geschrieben. Das war ja sehr schön, ja Briefe dazu, nicht Mail, sondern ein Brief… […] von Qualität von diesen Briefen hab’ ich gesagt, da gibt’s Menschen, die wirklich auf diese Sachen reagieren. Und das heisst, es war wertvoll, dass sie diese Nahrung bekommen, also, ich meine nicht nur mich, sondern ich meine überhaupt solche Produktionen, dass das ein Publikum dafür gibt. Und ich frage mich manchmal – es gibt natürlich andere Wege, es gibt immer Wege – aber wie ist dieses Publikum heute angesprochen?» (Bettina Skrzypczak, porträtierte Komponistin, im Gespräch mit Gabrielle Weber, Luzern 7.4.2022)
O-Ton Thomas Beck 2
«Also es gab diese Idee Suisse-Produktionen, die gewünscht waren und – ehrlich gesagt – für die auch einfach Geld gesprochen wurde, vom Dach, vom Generaldirektor, […]. Und es gab diverse Projekte diesbezüglich. Es gab eine Architekturserie, LiteraTour de Suisse, ArchitekTour de Suisse, eine Designserie […]. Und dann haben wir gesagt, ok: Jetzt haben wir eigentlich die verschiedensten Kunstsparten abgedeckt und die Musik fällt komplett hinten runter. Das müssten wir eigentlich ändern, obwohl Musik natürlich ein sehr schwieriger Gegenstand ist für das. Das ist ein sehr schönes Beispiel für die Frage, wie man überhaupt Musik angemessen vermitteln kann. Eigentlich unser Anspruch war, dass wenn man das tut, dass man dann auch Musik wirklich hören sollte und nicht nur drüber spricht. […] Was dazu führte, dass jedes Porträt von einer Komposition ausging: das war eigentlich dann auch wirklich die Idee, dass man eigentlich eine Komposition präsentiert, natürlich auch die nur in kleinen Ausschnitten, ist ja klar. Aber wenigstens bei einem Gegenstand bleibt, über den dann gesprochen wird, der aber auch zum Klingen kommt. […] Wir haben dann diese Idee Suisse-Produktionen zu uns gezogen und daraus ist dann auch diese Reihe, die ja eigentlich fortgesetzt werden sollte, aber das dann nie wurde, weil […] das Fernsehen das als zu elitär wahrgenommen hat und die Einschaltquoten nicht so waren wie die bei ArchitekTour de Suisse und bei LiteraTour de Suisse. Also man sieht auch da ganz klar im Vergleich, ganz ähnliches Format: die Kunstsparte Musik, gerade zeitgenössische Musik, hat’s einfach deutlich schwerer und ist viel schwerer zu vermitteln am Massenmedium Fernsehen als die anderen Kunstsparten.» (Thomas Beck, Redaktionsleiter SF DRS 2000–2009, im Gespräch mit Gabrielle Weber, Bern, 2.12.2022)