Was auch nach einem positiven Grundsatzentscheid für eine CD-Produktion noch schief gehen konnte …

Bei der Konkretisierung des vorgesehenen CD-Porträts von Roger Vuataz zeigte sich, wie man sich durch politische Entscheide in ein ästhetisches Dilemma manövrieren konnte. Vuataz war wohl aus Dankbarkeit gegenüber seinen Funktionen im STV-Vorstand und am Radio vorgeschlagen worden. 

Auch wenn sie zuvor sein Porträt befürwortet hatten, kamen den Musikexperten gegenüber dem konkreten Projekt plötzlich Bedenken. Nach einem ersten Fehlversuch hatte der Komponist «neue Vorschläge gemacht, und die Kommission hörte die folgenden Werke an: ‹Les Tragiques›, op. 124, Orchestre de la Suisse Romande, Leitung Jean-Marie Auberson, Sprecher Jean Henneberger, Aufnahme aus dem Studio in Genf 1970. Die Herren Tschannen und Zbinden haben ernsthafte Vorbehalte gegen die Aufnahme und sind der Meinung, dass der Sprecher dem Text nicht gerecht wird. Auf Vorschlag von Herrn Zbinden beschloss die Kommission, dass das Werk eventuell in Frage käme, aber nur unter der Bedingung, dass die Aufnahme neu gemacht und ein professioneller Sprecher hinzugezogen würde.» 

Bei Henneberger handelte es sich um den früheren Generalsekretär des STV, der sich persönlich für die Verleihung des Komponistenpreises an Vuataz stark gemacht hatte. 

Aber auch die zweite vorgeschlagene Aufnahme stiess auf Ablehnung: «‹Images poétiques et pathétiques›, op. 128, Orchestre de la Suisse Romande, Leitung Jean-Marie Auberson, Violoncello Ina Joost, Aufnahme Radio Genf 1978. Die Kommission ist weder von der Qualität der Aufnahme noch von der Qualität des Werkes begeistert. Sie beschliesst, das Werk vorerst in der Reserve zu behalten.» Und beim letzten Vorschlag äusserte sich die Kommission noch negativer: «‹Ballade für Viola und Klavier›, op. 113, Aufnahme von Radio Lausanne 1979. Die Kommission beurteilt das Werk als uninteressant für eine Schallplatte.» 

Trotzdem wollte das Gremium zügig vorangehen, damit «die Platte in einem angemessenen Zeitraum veröffentlicht werden kann» (Protokoll der Sitzung der Commission spéciale vom 28.2.1980, S. 4, in: ASM-E-1-45), zumal der zu Ehrende schon hochbetagt war. Als Folge dieses Dilemmas zwischen Politik und erst bei der Konkretisierung kritisch beurteilter Qualität verzögerte sich die Produktion weiter und kam erst 1981 heraus, als Vuataz bereits 83 Jahre zählte. Als Kompromiss behielt man, offenbar mangels Alternativen, gleichwohl die beanstandete Bratschen-Aufnahme im Programm, entschied sich aber bei den anderen Werken für eine dritte Wahl. Die vorgeschlagene Cellistin blieb auf der Langspielplatte ebenfalls präsent, nun aber nicht mehr mit dem konzertanten Werk, sondern nur mit einem kleinen Solowerk. In der späteren Übertragung auf CD – vier Jahre nach dem Tod des Komponisten – wurde dann auch diese Interpretation durch eine Neuaufnahme eines Genfer Cellistenkollegen ersetzt.